Samstag, 4. Januar 2014

Dies ist ein Protestsong*

"Dies ist deine letzte Chance. Danach gibt es kein Zurück. Schluckst du die blaue Kapsel, ist alles aus, du wachst in deinem Bett auf und glaubst an das, was du glauben willst. Schluckst du die rote Kapsel, bleibst du im Wunderland und ich führe dich in die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus."
- Morpheus


Dies ist ein Auskotz-Post. Weil Menschen, die sich dafür entscheiden, vegan zu leben (Ich drücke es absichtlich so umständlich aus, weil ich mich noch lange nicht als "Veganerin" sehe), nicht immer überzeugt sind von dem, was sie machen. Oder besser gesagt: Weil diese Menschen auch mal genervt sind, weil sie es auch gerne mal leicht haben würden. Oder um es mit einer Anekdote zu erklären: J. erzählte, dass eine Kommilitonin sie fragte, ob sie aus "Modegründen" Veganerin sei. J. war ganz entsetzt und meinte zu uns: "Wer ist denn so verrückt und tut sich das aus 'Modegründen' an?!".

Es mag ja Veganer geben, die das alles total supi finden und so von sich und ihrem Standpunkt überzeugt sind, dass es sie so gar nicht kümmert, dass sie eigentlich Außerirdische sind, in dieser großen weiten karnistischen Welt. Ich denke, diese Spezies ist eine Seltenheit, wenn überhaupt vorhanden. Denn: Man eckt nun einmal an, wenn man nicht die Meinung vertritt, die in der Allgemeinheit vorherrscht. Aber es ist eine Illusion, dass Menschen, die anecken, überall und zu jeder Zeit gerne anecken. Wenn ihr mich fragt, ist das absoluter Quatsch. Die wundervolle Utopie einer veganen Welt ist natürlich unser aller Traum, aber bis es soweit ist, werden noch Jahrzehnte oder Jahrhunderte ins Land ziehen, vielleicht wird dieser Traum auch nie wahr werden. Und deswegen sehnen auch wir uns manchmal danach, dass alles "einfach" ist, dass wir kaufen und essen können was wir wollen, dass wir uns nicht ständig mit Gedanken an mutterlose Kälbchen, überzüchtete Puten mit absurd großen Brüsten, vergaste Hühnerküken oder bei lebendigem Leibe gebrühte Schweine quälen. Dass wir einfach auch mal die Augen verschließen können - so wie der Großteil der Menschheit. Dass wir mal wieder mit Genuss in Mutterns Gänsebraten reinhauen können. Dass wir nicht diejenigen sind, die komisch angeguckt werden und sich rechtfertigen müssen. Nicht diejenigen sind, die automatisch Diskussionen am Tisch auslösen, während wir doch nur da sitzen und gar nichts gesagt haben.
Aber wir haben die rote Pille geschluckt und wir können nicht mehr zurück und nun wollen wir einfach akzeptiert werden, wir mit unseren Prinzipien und unserer Einstellung, eben das ganze Paket. Für uns ist es nicht leicht, aber wir gehen den für uns richtigen Weg.
Wieso ist es so schwierig für viele Menschen, mit Vegetariern und Veganern umzugehen? Wieso überfordert es sie völlig, sich auf dieses Neue einzustellen und umzudenken? Wieso denken sie immer gleich, dass wir alle sie missionieren wollen? Wieso höre ich so oft Rechtfertigungen wie "Ich esse kaum noch Fleisch" (kommt gerne, wenn ich erzähle, dass ich Vegetarierin bin) oder auch Aussprüche wie "Mir wäre das zu extrem!" - eine sehr klassische Reaktion auf das Wort "vegan". Verdammt, wir wollen doch einfach nur nett irgendwo sitzen und essen!

Das alles soll nicht heißen, dass ich bemitleidet werden möchte, immerhin habe ich den Schritt zum Vegetarischen und nun auch zum Veganen hin vollkommen freiwillig getan, aber wieso werde ich nun als eine Aussätzige behandelt? Ein Mensch, der eine Nussallergie hat, wird akzeptiert. Ebenso jemand mit Laktoseintoleranz. Auch ein Jude oder ein Moslem, die kein Schweinefleisch essen, stellen für die meisten Menschen kein Problem dar. Aber allein weil ich eine bewusste Entscheidung getroffen und mein Leben geändert habe, werde ich mit anderen - erschrockenen, skeptischen, feindseligen - Blicken betrachtet. Das ist anstrengend und frustrierend und bewirkt am Ende auf beiden Seiten nur eins: Ein Ende der Kommunikation, ein Umschleichen des Themas, das unausgesprochen im Raum steht.





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