Freitag, 24. Januar 2014

Guten Tag, Wegwerfgesellschaft!

Neulich bei Rewe an der Brötchen-Frischetheke. Während ich überlege, welche Brötchen ich für unser Abendessen eintüten soll und die Zutatenlisten studiere, kommt eine Mutter mit ihrer Tochter (ca. 7) hinzu. Die Kleine quengelt ein bisschen, sie möchte ihr Brötchen gerne selbst mit der Zange herausnehmen. Die Mutter möchte ihr die Klappe hochhalten, aber das Mädchen besteht energisch darauf, es ganz alleine hinzubekommen. Prompt fällt das Brötchen auf den Boden. Die Mutter schimpft ein wenig ("Habe ich es dir nicht gesagt?"), hebt das Brötchen auf, wischt es ein bisschen "sauber", die Kleine meckert, die Mutter meckert zurück ("Ich muss dir auch gar kein Brötchen kaufen, weißt du?"). Das Mädchen fragt vorsichtig, ob sie denn das Brötchen dennoch kaufen, die Mutter keift "Nein, das nehmen wir jetzt nicht mehr!" und legt das Brötchen unten ins Regal, zu den geschnittenen Broten.

Zugegeben, ich hatte zwischenzeitlich ein wenig die Nerven verloren, als die Kleine vor mir umher turnte und auch ich hatte kommen sehen, dass sie das Brötchen würde fallen lassen, als sie ungeschickt mit der Zange und der Klappe zeitgleich hantierte. Aber was mich an dieser Szenerie entsetzte, war das Verhalten der Mutter. Überall an den Regalen steht deutlich geschrieben "Berühren der Ware verpflichtet zum Kauf". Der Boden im Supermarkt ist nicht schlammverschmiert, es lagen auch keine Staubwolken oder sonstiger Schmutz herum. Wieso also das Brötchen weglegen, das ganz sicher am Ende des Tages in den Müllcontainer wanderte? Weil eine Spur von Bakterien dran sein könnte? Es lag ja nicht mal zehn Sekunden auf dem Boden! 
Als ich nach Hause kam, erzählte ich M. davon und auch er war recht verständnislos. Zunächst vergaß ich die Anekdote wieder, aber ein Bild von Romy (Vegan Witch) bei Instagram von heute brachte mich wieder auf dieses Thema. Darauf sieht man mehrere Kisten und Tüten voller Lebensmittel, die im Müll gelandet waren. Teils sahen die Sachen aus als hätten sie gerade noch im Regal gestanden.

Ich finde es unendlich traurig, dass die Menschen Nahrung nicht mehr schätzen. Alles ist selbstverständlich geworden. Wenn etwas nicht mehr schön ist, werfen wir es weg. Wenn es auf den Boden gefallen ist, werfen wir es weg. Wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, werfen wir die Dinge weg. Wenn wir zu viel gekauft haben, werfen wir es weg. 
Ganz besonders traurig finde ich dieses Verhalten natürlich bei tierischen Produkten. Vor zwei Wochen sahen M. und ich eine Dokumentation, in der u.a. Tim Mälzer der Herkunft von Fleisch auf den Grund geht. In einer Szene steht er an einer Fleischtheke im Supermarkt, die gut gefüllt ist, und fragt, was mit den Produkten passiert, wenn sie bis abends nicht verkauft sind. Die Antwort: "Das wird weggeworfen". Die erneute Frage, ob das denn so sein müsse, dieses Überangebot, wird beantwortet mit "Ja, das wird so erwartet". 
Wieso aber nur, frage ich mich. Wieso muss ich zwischen zehn nahezu identischen Produkten wählen können? Als ich vegetarisch wurde, fand ich es sehr nett, viele Produkte von vorneherein links liegen lassen  zu können. Nun da ich vegan bin, kann ich schätzungsweise Dreiviertel der Produkte in einem normalen Supermarkt außen vor lassen. Ich finde es nahezu befreiend, an den Fleisch-/Wurst- und Milchprodukteregalen vorbei gehen zu können. Und ich finde es richtig, dass ein Produkt auch mal teurer wird, wenn es gerade nicht so viel davon gibt (So vor kurzem geschehen bei Alnatura, die den Preis von Quinoa erhöht hatten, weil es zu Lieferschwierigkeiten aufgrund einer erhöhten Nachfrage kam und damit auch zu höheren Preisen). 

Nicht richtig finde ich es allerdings, seinem Kind vorzuleben, dass man mit Lebensmitteln rücksichtslos umgehen und dass man sie einfach so wegwerfen kann, nur weil etwas nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Ich denke, jede/r von uns wirft auch mal etwas weg, früher war ich leider kein Stück besser (Wobei ich nie ein durch meine Schuld auf den Boden gefallenes Brötchen weggelegt hätte) - bis ich M. kennen lernte und der mir in den Hintern trat; durch ihn lernte ich, Sachen aufzubrauchen, wieder mehr in der Küche Reste zu verbrauchen und achtsamer einzukaufen. Wir werfen immer noch etwas weg (Leider oftmals Brot, das schimmelig geworden ist), aber es ist deutlich weniger geworden als das früher bei mir der Fall war.
Inzwischen finde ich auch die Ideen von Containern oder Food Sharing klasse. Man muss etwas dagegen tun, dass zu viele Lebensmittel weggeworfen werden. Dass die Supermärkte das tun, das wird sich nur langsam ändern, indem wir alle als Konsumenten achtsamer einkaufen und vor allem nicht mehr ständig alles rund um die Uhr zur Verfügung haben wollen. Aber in unseren eigenen Haushalten können wir schon jetzt anfangen, den Abfall zu reduzieren und ich habe mir vorgenommen, in Zukunft noch mehr darauf zu achten. 
Denn ich möchte meinem Kind später einen anderen Umgang mit Nahrungsmitteln vorleben als die Mutter bei Rewe.

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