Man hat sich schon durchaus sehr überrascht gezeigt, wenn ich von meiner Vorliebe für etwas härtere Musik erzählt habe - wobei ich mich frage, wieso ... Ob ich wirklich so unschuldig aussehe?! Und falls ja, was hat das mit meinem Musikgeschmack zu tun?
Eine dieser Vorlieben gilt seit Jahren Marilyn Manson, von dem ich eine einigermaßen hohe Meinung habe, zumindest von ihm als Künstler. Denn ich denke, dass so ein Künstler sein muss: Eigen, etwas exzentrisch und kritisch. Marilyn Manson fällt auf und auch wenn seine Art manchmal sehr übertrieben scheint, trifft er anscheinend gerade in den Vereinigten Staaten einen Nerv damit: Sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Entweder man mag ihn oder man mag ihn nicht (oder hasst ihn sogar). In den letzten Jahren ist er - so empfinde ich es zumindest - etwas salonfähiger geworden, was sicherlich viel mit seinem Imagewechsel zu tun hat, immerhin kleidet er sich jetzt schon fast normal, aber auch mit seiner Ehe mit Dita von Teese, die ihn auf die roten Teppiche gebracht hat.
Für mich entdeckt habe ich Marilyn Manson mit unschuldigen zwölf Jahren, als "The Fight Song" bei MTV gespielt wurde. [Ihr erinnert euch, ich war auch als Teenie schon in anderen musikalischen Gefilden als Gleichaltrige unterwegs.] Ich kaufte mir die Single und dann lieh ich mir das Album aus, "Holy Wood (In The Shadow Of The Valley Of Death)". Und war begeistert und bin es bis heute, denn hey, wer schreibt heutzutage noch richtig gute Konzeptalben? "Holy Wood" ist bis heute neben "Eat Me, Drink Me" eines meiner Lieblingsalben, die ich ohne Unterbrechung von Anfang bis Ende durchhören kann. "Eat Me, Drink Me" kam heraus als ich Abitur machte und ich genoss es, mit dem Auto an der Schule vorzufahren während aus den Boxen in voller Lautstärke Marilyn Manson dröhnte (Man muss seine Andersartigkeit ja pflegen ...).
Es ist übrigens nicht so leicht, die Band Marilyn Manson und den Musiker Marilyn Manson zu unterscheiden, denn die eine lebt vom anderen. Ganz ähnlich wie bei den Nine Inch Nails, die eigentlich genau genommen fest nur aus Trent Reznor bestehen.
Seit ein paar Tagen läuft "Eat Me, Drink Me" also wieder rauf und runter in meinem Player. Es ist das vielleicht zugänglichste Album von Marilyn Manson, weil es kein Konzeptalbum und zudem sehr persönlich ist. Mit diesem Album verarbeitet er die Scheidung von Dita von Teese und feiert gleichzeitig seine neue Beziehung zu Evan Rachel Wood (die inzwischen auch in die Brüche gegangen ist).
Es ist schwierig zu sagen, welche Songs ich am liebsten höre, es kommt auch immer ganz auf die Stimmung an. Die erste Singleauskoppelung "Heart-Shaped Glasses (When The Heart Guides The Hand)" kennt man vielleicht sogar aus dem Radio und anfangs hat mir der Song gar nicht gefallen, weil er so poplastig war, so sehr Mainstream, inzwischen finde ich ihn sogar ganz gut. Nur der Remix auf dem Album ist wirklich wirklich grottenschlecht - was soll so ein Schund auf einem Album? "Heart-Shaped Glasses" tanzbar, fertig verpackt für die Disko ...
Weitere tolle Songs sind "The Red Carpet Grave", "Evidence", "Are You The Rabbit?" und "Eat Me, Drink Me". Besonders der titelgebende Song ist textlich sehr stark und erinnert an ältere Songs von Marilyn Manson. Und nun, wieso ich Marilyn Manson so schätze: Ich denke, er ist sehr gebildet (Hier zeigt sich mal wieder, dass man immer hinter die Fassade blicken sollte) und das zeigt sich bei "Eat Me, Drink Me" in besonderer Weise, denn die Literaturliebhaber unter euch haben es sich sicherlich schon gedacht, hier spielt "Alice im Wunderland" eine wichtige Rolle. Da freut sich das Literaturwissenschaftlerinnen-Herz! Intermedialität in ihrer schönsten Form! Solche Kniffe unterscheiden in meinen Augen "normale" 0815-Musiker von richtigen Künstlern. Denn ein Lied über Liebe kann jeder schreiben, aber Bezug auf Kunst und Literatur nehmen, das tun nicht so viele. "Alice im Wunderland" hat schon viele Künstler inspiriert, Manson ist also bei weitem nicht der erste, aber es macht immer wieder Spaß, solche Bezüge zu entdecken.
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